Jools Holland

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© Jonas Mohr

Das Showgeschäft liebt gute Geschichten. Hier ist eine. Sie handelt von Großbritanniens neuen „Partners in Swing“ und wie sie zusammenkamen, um auf einem berauschenden neuen Album eine glorreiche musikalische Ära hochleben zu lassen. „Swing Fever“ ist eine funkelnde Hommage an die zeitlosen Songs der Big-Band-Jahre, zu neuem Leben erweckt von zwei wahren Giganten ihrer Zunft, Sir Rod Stewart und Jools...

Das Showgeschäft liebt gute Geschichten. Hier ist eine. Sie handelt von Großbritanniens neuen „Partners in Swing“ und wie sie zusammenkamen, um auf einem berauschenden neuen Album eine glorreiche musikalische Ära hochleben zu lassen. „Swing Fever“ ist eine funkelnde Hommage an die zeitlosen Songs der Big-Band-Jahre, zu neuem Leben erweckt von zwei wahren Giganten ihrer Zunft, Sir Rod Stewart und Jools Holland mit seinem Rhythm & Blues Orchestra.

Es ist das erste Mal, dass Rod und Jools ein gemeinsames Album aufnehmen – und sie stellen sicher, dass es gleich mal eines für die Annalen ist. Auf insgesamt 13 Tracks zeigen sie ihr einzigartiges Können, darunter mit so großartigen Songs wie „Ain't Misbehavin“, „Frankie And Johnny“, „Sentimental Journey“ und „Lullaby Of Broadway“. Die Songs, aufgenommen in Hollands eigenem Studio in Greenwich, sind wie ein Album gewordenes Hootenanny – jenes ausgelassene Musikspektakel, das der Musiker, Bandleader und Showmaster alljährlich zum Jahreswechsel im BBC-Fernsehen präsentiert.

Die Geschichte dieses klangvollen Abenteuers begann inmitten der pandemischen Jahre, als Rod und Jools ihre Gedanken austauschten. Stewart hatte den Traum, ein Album mit Songs zu machen, die in vielerlei Hinsicht der Rock 'n' Roll ihrer Zeit waren. Holland erinnert sich im gemeinsamen Gespräch: „Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als du mich angerufen hast. Ich packte gerade meine Sachen für die Weihnachtsferien. Bis zu diesem Moment hatten wir nie viel mehr als Smalltalk miteinander geführt. Ich dachte bei mir: ‚Ich liebe Rod, wie aufregend‘, und dann sagst du auch noch: ‚Ich will ein Album aufnehmen‘. ‚Verdammte Axt‘, schoss es mir durch den Kopf, ‚das ist ja mal ein nettes Weihnachtsgeschenk. Dann lass mal hören.‘“

Rod wählte natürlich nicht ohne Grund Jools Nummer: Er wusste, dass die beiden eine ähnliche musikalische Leidenschaft teilten. Und nicht nur das, denn sie hatten ein weiteres Hobby gemeinsam: Modelleisenbahnen! „Ich glaube, ich habe dich dann im neuen Jahr besucht", fährt Jools fort, „und ich war sehr gespannt, nicht nur dich, sondern auch deine fantastische Anlage zu sehen! Ich war schon immer ein Fan von Rod, aber durch die alte Musik haben wir festgestellt, dass es darüber hinaus eine Menge weiterer Dinge gibt, die wir beide mögen.“

Bevor Rod die Nummer von Jools wählte, hatte er sich bereits an einem Swing-Album versucht, „aber ich war mit den Ergebnissen nicht zufrieden“, berichtet er. „Sagen wir mal so: Es war mehr Frank Sinatra als Louis Prima. Daher habe ich es verworfen. Und mir wurde klar: der Mann, an den ich mich wenden sollte, ist Jools. Außerdem hat uns unsere fanatische Begeisterung für Modelleisenbahnen uns zusammengeschweißt! Also begannen wir mit den Aufnahmen.“

Was folgte, waren etwa ein Dutzend gemeinsame Sessions – Zusammenkünfte, in denen die Kombination aus der Intimität eines eigenen Studios und der zeitlosen Brillanz des Songsbooks einen Sound hervorbrachte, der mitreißend und unwiderstehlich ist. Und von dem nicht umsonst ein absolutes Live-Feeling ausgeht, denn genau das ist er: live eingespielt.

„Ich kann mich vor Jools‘ Orchester nur verbeugen, insbesondere vor dem Schlagzeug [Gilson Lavis] und dem Bass [Dave Swift]", so Rod. „Wenn Charlie Watts einen Backbeat spielt, ruft das Erinnerungen an den großen Charlie Watts hervor. Tolle Band, und dann dieser Jools mit dem alten Klavier. Der Kracher! Und sein Bruder Chris an der Hammond.”

„Ich hätte das Album auch mit einer großen Truppe an Studiomusiker:innen aufnehmen können, aber dann hätte es einfach nicht das gewünschte Ergebnis erzielt", fährt er fort. „All diese Tracks waren live. Das Orchester hat sie ein paar Mal geprobt, als ich nicht da war, dann sind sie reingegangen und haben drei Einspielungen pro Tag gemacht, was ziemlich bemerkenswert ist. Jools' Studio ist ziemlich winzig. Was für eine dreiköpfige Band problemlos funktioniert. Aber wir waren 18 Mann auf einmal! Das schafft einfach ein unglaubliches Zusammengehörigkeitsgefühl.“

Das Tracklisting deckt einen gewaltigen Katalog ab, der – mit Ausnahme von „Love Is The Sweetest Thing“ des britischen Bandleaders Ray Noble – überwiegend aus dem Amerika der 1930er- und 40er-Jahre stammt. Zu den Highlights gehören Rods gekonnte Nachahmung des Scat-Gesangs von Louis Prima bei „Oh Marie“, die Live-Stepptänzer:innen bei „Lullaby Of Broadway“, gelegentliche Ska-Einlagen des R&B Orchestras und reihenweise virtuose Pianoläufe von Jools, die sich quer durch das Album ziehen.

„Rod sagte zu mir: ‚Ich will nicht, dass es super poliert klingt‘, erinnert sich Holland mit einem Lächeln. „Daraufhin ich zu ihm: ‚Da bist du an den Richtigen gelangt.‘“ Was er suchte, war die Edginess, auf die auch ich stets aus bin. Daher dachte ich: ‚Wenn wir ein Album machen können, wird das eine verdammte spannende Sache.‘ Nach der ersten Session – den Anfang machte ‚Lullaby Of Broadway' – war ich wirklich erleichtert, weil sich meine Vorstellung bewahrheitete: Wir waren beide einfach auf ganz natürliche Weise wir selbst.“

„Und was es natürlich ebenfalls enorm erleichterte: Rod kann schlicht und ergreifend alles singen. Es gibt nur eine Handvoll Leute auf der Welt, die dazu in der Lage sind“, sagt Jools mit unverhohlener Bewunderung. „Ray Charles war auch so jemand. Sie führen dich im Grunde in einen Song ein, und was ich damit meine, ist: Bis sie ihn singen, wusstest du nicht einmal, dass du ihn magst – und dann hörst du ihn und denkst: ‚Ich liebe ihn!‘. Was zu einem Teil natürlich auch am Song selbst liegt, klar. Aber genauso auch am Sänger oder der Sängerin. Wenn Rod einen Song singt, bringt er ihn zum Leuchten.“

„Swing Fever“ bot Stewart auch die Chance, seine Ausdrucksmöglichkeiten in einem Bereich zu erweitern, der in direkter Verbindung zu dem steht, wofür er am besten bekannt ist. Klingt abstrakt? Lassen wir es ihn am besten erklären: „Viele dieser Swing-Songs waren an der Grenze zur Rock-'n'-Roll-Ära", erklärt er. „Ich liebe den Rock ‘n' Roll und habe nie aufgehört, ihn zu singen. Wahrscheinlich werde ich ihn singen bis zu meinem letzten Atemzug. Aber Rock 'n' Roll hat seine Grenzen. Für mich ist er nicht so fordernd wie diese Songs, die einem gesanglich einiges abverlangen.“

Über 20 Jahre ist es jetzt her, dass Rod die Seiten der „Great American Songbook“-Reihe aufgeschlagen hat, die sich zwischen 2002 und 2010 über fünf Multiplatin-Alben erstreckte. Das neue Projekt bewegt sich im selben Koordinatensystem – und ist doch etwas komplett anderes. „Die Songs mögen aus der gleichen Zeit stammen, aber das war es auch fast schon“, sagt er, und führt aus: „Das ‚Great American Songbook‘ bestand fast ausschließlich aus Balladen. Da war nichts von diesem Swing-Kram drin. Es war für die Aperitifs nach dem Essen gedacht.”

Jools und Rod hatten im Studio eine Menge Spaß zusammen, und nicht nur dort: In den Aufnahmepausen hatten sie stets ausreichend Zeit, sich über andere wichtige Tagesgeschäfte auszutauschen. Sie ahnen es? Richtig: die Modelleisenbahn. „Jools' ganzes Studio ist von außen wie ein Bahnhof gestaltet. Wir haben herrlich einen an der Waffel, oder?", lacht Rod. „Jede Stunde, die wir am Tag zu unserer freien Verfügung haben – und ich glaube, ich kann hier auch für Jools sprechen –, arbeiten wir an unserer Modelleisenbahn. Am Ende des Tages vergleichen wir dann zum Beispiel Fotos von dem, woran wir gerade werkeln. Es ist also eine tiefe brüderliche Verbindung, zumal es nicht viele von unserer Gattung gibt.“

Jools fasst den spontanen Charme von „Swing Fever“ so in Worte: „Ich glaube, es geht in der Musik nicht um die Verpackung, sondern um den Inhalt. Es zählt nicht was draufsteht, sondern was es mit dir macht“, sinniert er. „Der Effekt, den diese Musik auf mich hat – und auf die Menschen, wenn immer ich sie anstimme –, ist: sie fühlen dieses Ding in sich, sie wollen sich bewegen. Musik ist ein Ventil für unterschiedlichste Dinge und Freude ist ganz sicher eines davon. Man spürt die Freude in dieser Musik, eine absolut ungezügelte Freude.“

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