Dan Auerbach

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„Waiting on a Song“, Dan Auerbachs erstes Soloalbum seit acht Jahren, stellt unmissverständlich klar: er hat Nashville endgültig zu seinem Zuhause gemacht. Das Album ist ein Liebesbrief an Nashville, angefüllt mit Songs über Sünde, gefährliche Frauen, wunderschön strauchelnde Verlierertypen, unsterbliche Liebe und ebensolche Freundschaft.

Zunächst jedoch musste er dafür den Platz schaffen. Dan Auerbach war ununterbrochen auf Tour, seit er...

„Waiting on a Song“, Dan Auerbachs erstes Soloalbum seit acht Jahren, stellt unmissverständlich klar: er hat Nashville endgültig zu seinem Zuhause gemacht. Das Album ist ein Liebesbrief an Nashville, angefüllt mit Songs über Sünde, gefährliche Frauen, wunderschön strauchelnde Verlierertypen, unsterbliche Liebe und ebensolche Freundschaft.

Zunächst jedoch musste er dafür den Platz schaffen. Dan Auerbach war ununterbrochen auf Tour, seit er The Black Keys 2001 mit Patrick Carney gründete. Nach einer besonders zermürbenden fünfjährigen Phase, in der er mit drei Black-Keys-Alben durch die Weltgeschichte tourte, gefolgt von einer längeren Tour mit The Arcs bis Ende August 2016, realisierte Auerbach, dass er für eine Weile den Stecker ziehen musste. Nicht weil er plante, ein Soloalbum aufzunehmen, sondern weil er einfach mal stoppen musste. „Als ich mir schließlich sagte, dass ich eine Pause brauchte, war das wohl der Start dieses Albums“, erklärt Auerbach.

Denn dass er pausierte, hieß nicht etwa, dass er es auch nur in Betracht zog, sich zu entspannen. Es bedeutete schlicht, dass er nicht tourte. Den Sommer über produzierte er sieben Alben und ließ sich endlich auf die Stadt ein, die er so sehr liebt – inklusive der in ihr lebenden Weltklasse-Musiker. „Ich war zu viel auf Tour und hatte keine Zeit innezuhalten und wirklich an dem teilzunehmen, was es hier in Nashville gab. Ich war zu sehr von meiner täglichen Arbeit eingenommen, um Beziehungen zu irgendjemandem von ihnen aufzubauen – bis zu diesem Sommer“, erinnert sich Auerbach.

Der Schlüssel zu diesen Beziehungen war Dave Ferguson, einer von Nashvilles angesehensten Toningenieuren und Produzenten, der bei dem verstorbenen, großartigen „Cowboy” Jack Clement in die Lehre ging und ein langjähriger Partner Johnny Cashs auf all dessen Platten für American Recordings war. „Mir fällt gerade wieder ein, dass Fergie auch an meiner Seite war, als ich meinen alten Ford Truck über Craigslist kaufte, von diesem alten Typen in East Nashville. Er nahm mich im Grunde unter seine Fittiche, als ich vor acht Jahren erstmals nach Nashville kam.“

Vor allem jedoch machte er Auerbach mit den meisten Musikern bekannt, die er kennt und mit denen Auerbach nun in Nashville zusammenarbeitet. „Er stellte mich einigen seiner liebsten Leute in der Stadt vor – Songschreiber, von denen er dachte, dass ich mich mit ihnen verstehen würde – und er lag in fast allen Fällen richtig. Es sind im Grunde all die Leute, die auf diesem Album mitwirken.“

„Fergie nahm mich mit ins Station Inn, um John Prine spielen zu sehen. Ich wusste natürlich, wer er ist, kannte aber seine Sachen nicht allzu gut. Als ich ihn jedoch live sah, konnte ich kaum glauben, wie großartig er war. Fergie stellte mich ‚Cowboy’ Jack Clement vor. Wir gingen einfach zu ihm nach Hause und lauschten, wie er uns Songs auf seiner Ukulele spielte und Geschichten erzählte. Wenn ich nur daran denke, dass Cowboy in meinem Studio war und ein fröhliches Tänzchen zu meiner Musik vollführte ... jetzt weiß ich, dass ich Teil dieser Tradition bin, die ganz bis zu Cowboy und Sam Phillips zurückreicht, als sie ihre Sun Studios in Memphis eröffneten. Es veränderte mein gesamtes Universum“, sagt Auerbach leise.

Und es veränderte die Art, wie er Musik aufnahm, sieben Tage die Woche arbeitend, Songs mit anderen schreibend – etwas, das Auerbach zuvor nie wirklich getan hatte, zumindest ganz sicher nicht auf solch strukturierte Weise: Jeden Morgen um Punkt neun Uhr setzten sich Auerbach, Ferguson und Singer-Songwriter Pat McLaughlin, der Mandoline in John Prines Band spielt, zusammen, um zu schreiben.

„Sie kamen rüber, Mackie brachte den Kaffee mit, und wir saßen in einem kleinen Raum meines Hauses, mit geschlossener Tür, und schrieben einfach. Ich tat sieben Tage die Woche nichts anderes, als zu arbeiten. Von Montag bis Mittwoch schrieben wir, Donnerstag bis Sonntag nahmen wir dann auf, jede Woche“, berichtet Auerbach.

Aufnehmen konnte bedeuten, dass sie Tracks mit dem herausragenden Session-Gitarristen Russ Pahl einspielten. Oder mit Bassist Dennis Crouch, Mitgründer der Time Jumpers; oder dem Weltklasse-Debro-Spieler Jerry Douglas; oder Dave Roe, den Auerbach schon auf seinem ersten Trip nach Nashville vor 19 Jahren live spielen sah, auf der winzigen Bühne des Robert’s Western World auf dem Lower Broadway.

„Ich arbeite mit einigen der größten Musiker, die je gelebt haben. Als ich [Keyboarder] Bobby Wood und [Drummer] Gene Chrisman kennenlernte, war es, als hätte ich endlich meine Seelenverwandten getroffen. Ich hatte schon immer das Problem, dass ich so viel arbeite. Diese Jungs, sie sind nicht normal. Die sind genauso abhängig wie ich. Keiner von denen, die jetzt mit mir Musik machen, haben damit begonnen, um leichter Girls kennenzulernen“, lacht Auerbach.

„Um eines klarzustellen: ich hänge mit den Typen nicht ab, einfach um mit alten Typen abzuhängen. In diesen Jungs lodert immer noch das Feuer. Die Sache ist, dass Nashville eine derartige Cheesecake Factory der Countrymusik ist, und diese Jungs passen da manchmal einfach nicht rein, weil ihr Spiel derartig viel Persönlichkeit hat.“

Dazu zählt auch Gitarren-Ikone Duany Eddy, der mit 24 Jahren bereits 12 Millionen Platten verkauft hatte, mit Songs wie „Rebel Rouser“ und „Peter Gunn“, allesamt produziert von Lee Hazelwood. Eddy spielt Gitarre auf zwei der Albumsongs, dem beißenden „Livin’ in Sin” und dem cineastischeren „King of a One Horse Town“.

„Alles was ich sagen kann ist, dass es mich umhaute, wann immer Duane die Gitarre in die Hand nahm“, schwärmt Auerbach, immer noch voller Ehrfurcht, das Gitarren-Genie nun zu seinen Freunden zu zählen. „Ich konnte es einfach nicht glauben, denn es ist schwer, ein Instrument einzusetzen, das jeder bereits sechs Millionen Mal gehört hat. Sobald er jedoch zu spielen beginnt, ist es augenblicklich erkennbar als Duane Eddy.“

„Manchmal habe ich das Gefühl, mein eigenes ‚Feld der Träume’ erschaffen zu haben“, sagt Auerbach mit Verweis auf den gleichnamigen Film. „Ich habe das Studio gebaut, weil ich wusste, dass etwas geschehen würde. Ich baute es, um Live-Musiker darin beherbergen zu können, und plötzlich tauchen die besten Musiker von Nashville auf, und die Dinge kommen in Gang. Top-Session-Musiker der Welt texteten mir, um mir zu versichern, dass sie keine anderen Sessions buchen, um ja nichts zu verpassen.“

Es scheint so, als hätten die meisten von ihnen tatsächlich nichts verpasst. Auerbach schrieb sieben Songs mit John Prine – einer davon der Titeltrack des Albums –, fünfundsiebzig Songs mit Pat McLaughlin, vierzig Songs mit L. Russell Brown, zwanzig Songs mit Roger Cook sowie zwanzig mit Bobby Wood, einer davon „Show Me“, der das Album abschließt. 

„Ich hatte diese Darmseiten-Akustikgitarre, die ich seit Jahren nicht in der Hand gehabt hatte, und nun wurde sie plötzlich ein Sprungbrett für mich und es schien, als hätte sie all diese Songs förmlich in sich“, sagt Auerbach. Alles in allem gab es rund 200 Songs. Nur zehn von ihnen sind auf dem Album. „Ich bin ein großer Anhänger der Idee, ein knackiges Album zu haben“, sagt er. 

„Shine on Me“, ein herausragender Song des Albums, schien einfach so aus dem Äther zu fallen, was umso bemerkenswerter ist, als er Auerbach anfänglich gar nicht besonders bemerkenswert erschien. „An dem Tag, an dem ich ‚Shine on Me’ geschrieben hatte, hatten wir schon etwa drei andere Songs geschrieben. Es war also einfach nur ein weiterer Song, den wir geschrieben hatten, mit dem wir uns gegenseitig zum Lachen bringen und Spaß haben wollten. Dann hatte ich die Idee, Mark Knopfler darauf zu haben. Ich hatte ihn nie kennengelernt, erinnerte mich aber daran, seine Alben als Kind gehört zu haben. Ich kann mich daran erinnern, wie mein Dad stets das Radio anschrie, wenn sie bei Songs wie ‚Sultans of Swing’ das Solo am Ende frühzeitig ausblendeten. Das machte ihn richtig wütend. Ich trat mit Knopfler in Kontakt, und zwei Tage später schickte er etwas zurück.“

Knopflers gewundene, knurrende Gitarre – schlagartig zu erkennen – verwandelt den beißenden, nervösen Rocksong in eine Hymne, die so eingängig und süchtig machend ist, dass sie glatt über die eher verstörenden Lyrics des Songs hinwegtäuscht, die sich mit den niedereren Qualitäten der menschlichen Natur befassen – ganz so, wie Sunshine-Pop sein düsteres Inneres verhüllt.

Knopfler war von der Zusammenarbeit ebenso angetan wie Auerbach und erklärt: „Dan Auerbach ist eine Institution. Und er wird stetig besser und immer noch besser. Es war großartig, Teil dieses Albums zu sein. Immer weiter so, Dan.“

Er ist nicht der Einzige, der von dem Musiker beeindruckt ist. Duane Eddy hatte die Musik schon komplett aufgegeben, als Auerbach ihn bat, Teil des Albums zu werden. „Ich war wirklich abgegessen, bevor ich Dan traf. Die tägliche Arbeit mit ihm hat meine alte Liebe zum Studiodasein wiedererweckt und ich fühle mich wieder wahrhaftig inspiriert. Sein Enthusiasmus hat mir den Spaß zurückgebracht“, sagt der legendäre Gitarrist. „Kürzlich fragte mich jemand, wer mein Lieblingssänger ist und ich teilte ihnen mit, dass es Dan ist. Als Sänger stelle ich ihn in eine Reihe mit George Jones und Ray Charles.“

Und Auerbach selbst? Der stets tief stapelnde Musiker ist einfach happy, seine eigene Version der Wrecking Crew in seinem Easy Eye Studio in Süd-Nashville zu haben. „Ich würde sie so nennen, aber Duane war wirklich in der Wrecking Crew“, sagt er. „Daher nennen Fergie und ich es einfach the Easy Eye Sound. Das ist der Sound, nach dem ich gesucht habe, und jetzt gibt es tatsächlich einen Easy-Eye-Sound. Unsere Instrumente bewegen sich nicht von der Stelle. Die Drums wurden seit zwei Jahren nicht bewegt. Ich meine, es bewegt sich wirklich nichts. Wir haben auf diese Art sieben, acht, neun Alben aufgenommen. Wir haben unser Ding gefunden. Es ist eine Fabrik – aber auf die Art, wie Motown oder American Studios eine Fabrik sind oder Stax eine war. Alles kann passieren, jeden Tag“, sagt er, und hält einen guten Moment lang inne, als müsse er all das erst einmal sacken lassen. Traum erfüllt.

„Weißt du, manche Leute sind einfach Spätentwickler“, sinniert er. „Selbst mit all den Erfolgen, die ich hatte, finde ich erst jetzt wirklich zu mir selbst. Ich habe das Album ‚Waiting On A Song’ getauft, weil ich mein Leben lang darauf gewartet habe, zu dem hier in der Lage zu sein. Jetzt bin ich es. Und keiner von uns will jemals wieder damit aufhören.“

-Jaan Uhelszki

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