Dinosaur Pile-Up

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Die Tinte auf dem Vertrag mit den legendären Parlophone Records trocknet noch, da weiß Matt Bigland, Sänger und Gitarrist von Dinosaur Pile-Up, bereits um die Plattform, die sich nun bietet, um seine Begabungen als einer der besten Songwriter im Rock zu präsentieren. Lange genug ist seine Band als eine der aufregendsten neuen Formationen im Gespräch. Nun ist die Zeit gekommen,...

Die Tinte auf dem Vertrag mit den legendären Parlophone Records trocknet noch, da weiß Matt Bigland, Sänger und Gitarrist von Dinosaur Pile-Up, bereits um die Plattform, die sich nun bietet, um seine Begabungen als einer der besten Songwriter im Rock zu präsentieren. Lange genug ist seine Band als eine der aufregendsten neuen Formationen im Gespräch. Nun ist die Zeit gekommen, es unter Beweis zu stellen.

„Wie sieht Erfolg für uns aus“, fragt er. „Das ist eine gute Frage...

Matt nimmt sich Zeit für eine Antwort. Dann...

„Unabhängigkeit. Die Möglichkeit, die Musik zu machen, die wir lieben. Für Leute, die sie lieben.“

Kein Ruhm? Kein Reichtum?

„Nein“, entgegnet er lachend. „Einfach nur die Musik.“

Matt Bigland weiß alles über die Kraft der Musik, besonders die melodischen Klangfarben der Grunge- und Indierock-Platten, die sein älterer Bruder während jener Zeit an ihn weitergereicht hat, als sie in einer Einelternfamilie in West Yorkshire aufwuchsen. Er denkt an die frühen Foo-Fighters-Platten. Nirvana. Weezer. Smashing Pumpkins. Rage Against The Machine. „Lebensverändernde Klänge. Die Art von Musik, die dich ...“

Er sagt nichts, aber seine leuchtenden Augen sprechen Bände über die Emotionen, die er versucht in Worte zu fassen. 

Matt hat sein halbes Leben auf einer musikalischen Reise verbracht. Eine Reise, die ihren Anfang in seinem Teenagerschlafzimmer nahm. Poster an den Wänden. Eine abgenutzte E-Gitarre an den Türrahmen gelehnt. Überall Flanell und karierte Baumwolle. Und auf seinem Bett eine Art Schlagzeug, bestehend aus Kisten und „einer Plastiktüte als Hi-Hat. Es klang ähnlich. Naja, entfernt...“

Es war dieser Ort, an dem Matt die frühen Songs seiner Band schrieb (so in der Art), Dinosaur Pile-Up, benannt nach einer absurden Szene in Peter Jacksons Neuerzählung von King Kongs Superaffen-Geschichte aus dem Jahr 2005, in der sich eine Menge Dinosaurier im Wortsinne übereinanderstapeln. Hier in seinem Schlafzimmer verbrachte er seine Zeit damit, die Musik seiner Helden zu dekonstruieren, versuchte zu verstehen, wie die Songs funktionieren, an denen sie arbeiteten und wie sie es schafften, ihn so fühlen zu lassen, wie er fühlte. Ihm unter die Haut zu gehen.

„Als ich zum ersten Mal ein Riff schrieb, das ich mochte, wusste ich: Ich will Musik machen“, sagt er. „Ich wollte, dass die anderen Leute fühlten, wie ich fühlte. Nicht, dass ich mir das damals eingestanden hätte...“

Als talentierter Illustrator spielte Matt mit dem Gedanken, eine Kunstkarriere anzustreben. Er schrieb sich sogar in einen Kunst-Grundlagenkurs in Leeds ein, schied jedoch wieder aus, noch bevor er dazu kam, die erste Stunde zu besuchen. „Ich brach meiner Mutter das Herz“, sagt er mit sorgenvoller Miene. „Ich glaube, das war der Moment, in dem ich realisierte, dass ich Musik machen werde, ich musste es zum Laufen bringen“, lacht er. „In vielerlei Hinsicht war das der Moment, in dem der ganze Kram Formen annahm.“

Und so kam es, dass Matt seine Bilder nicht auf Leinwand malte, sondern in den Musik-Venues von Leeds. Er fand einen Bassisten. Er fand einen Drummer. Nun, genau genommen fand er viele Bassisten und Drummer, denn für eine Weile konnte er sich nicht recht auf ein beständiges Line-up festlegen. Doch die Leute mochten seine Band. Inspiriert von der Macher-Haltung seines Helden Dave Grohl, verschwendete er nicht viel Zeit, sondern schrieb und veröffentlichte zwei Alben, Growing Pains (2010) und Nature Nurture (2013). Sie brachten ihn und Dinosaur-Pile Up an der Seite von The Pixies quer durch Europa, daneben teilten sie die Bühnen mit Namen wie Feeder, Royal Blood und Weezer. Dinosaur Pile-Up – und Matts Fähigkeit, Songs zu schreiben, die man am besten als ‚kraftvolle Wiegenlieder’ umschreiben kann; ‚gewaltige, in Zucker gestippte Rocksongs’ wäre eine weitere Spontandefinition – wurden zu jedermanns Lieblingsband, darunter auch Drummer Mike Sheils.

„Als ich Mike das erste Mal spielen sah, wurde er sofort zu meinem Lieblingsdrummer“, sagt Matt. „Er ist ein bisschen jünger als ich, war aber so unglaublich kraftvoll, er sah einfach großartig aus mit seinem wild herumfliegenden Haar. Er erinnert mich an Dale Crover von The Melvins, einer meiner liebsten Drummer. Als Mike sich dazugesellte, wurde aus Dinosaur Pile-Up wirklich eine Band, eine richtige Band – und nicht nur mein Projekt.“

Aus Matt und Mike wurde eine kraftvolle Verbindung. Festivals folgten, Radio-Airplay, eine geradezu fanatische Fangemeinde, die von Anfang an dabei ist. Denn es gibt etwas, das Mike und alle jene wussten, die die Band live erlebten: Irgendwo zwischen dem Verlassen seines Schlafzimmers und dem Einstöpseln des Verstärkers, der allabendlich neben seinen Drums stand, war Matt Bigland zu einem von Großbritanniens größten Songwritern gereift.

Matt seufzt ein schweres Seufzen – eines, das er schon viele Male zuvor geseufzt hat, in Backstage-Räumen, während warmes Bier neben ihm fermentierte. In Tourbussen. In graffitiverschmierten Proberäumen. Es ist ein Seufzen, das einer ganzen Generation britischer Rockbands vertraut ist.

Er zuckt mit den Schultern. „Und doch gab es immer wieder Zeiten, in denen wir einfach dachten: das kann nicht alles sein...“

Irgendwo in diesem für die britische Rockmusik mageren Jahrzehnt fanden Dinosaur Pile-Up zu ihrem festen Line-up mit Bassist Jim Cratchley, der seit fast zehn Jahren ein Freund Matts ist. 2015 veröffentlichte das Trio seine bisher stärkste Songsammlung: das dritte Album Eleven Eleven. Und doch schien es, als senke sich die Glasdecke über ihren Köpfen tiefer und tiefer. „Wir sind niemals angetreten, die erfolgreichste Band der Welt zu werden“, sagt Matt. „Ich war vielmehr daran interessiert, die beste zu sein. Aber am Ende geht es um das, was ich über Unabhängigkeit gesagt habe. Wir wollten einfach eine Plattform, um tun zu können, was immer wir wollen ... Denn ich habe einen Gedanken niemals aufgegeben: ‚Wir sind wirklich gut in dem, was wir machen. Und vielleicht können diese Songs das Leben der Leute ein wenig besser machen, als es ist...’“

Inspiriert vom gigantischen Erfolg der Szenegrößen Biffy Clyro („eine riesige Inspiration für uns und jede britische Rockband“, sagt Matt. „Es passiert normalerweise nicht, dass Bands mit ihrem dritten Album der Durchbruch gelingt. Die Tatsache, dass sie es schafften, war für uns eine riesige Inspiration...“), machten sie immer weiter, versuchten, ihre Anhängerschar mit jeder nur möglichen Gelegenheit zu vergrößern und das Blatt für die Band wie auch das Genre zu wenden. „Wir versuchten einerseits, nicht den Glauben zu verlieren, zugleich fürchteten wir uns davor, wie unser Leben sein würde, wenn wir es so weit bringen – zwei Jahrzehnte nach dem Beginn. Und dann ... mussten wir einfach alles hinschmeißen...“

Dann jedoch, nur wenige Tage nachdem Matt diesem Punkt so nahe gekommen war wie nie zuvor, erreichte ihn die Neuigkeit des Deals mit Parlophone Records. Wie sich herausstellte, hatte auch dort jemand mitbekommen, dass Matt Bigland das bestgehütete Geheimnis des britischen Rock war. Was ganz nebenbei den schönen Nebeneffekt hat, dass Matts Mutter nun nicht mehr so aufgelöst ist.

„Fühlt es sich wie Erfolg an?“, überlegt er. „Nicht wirklich. Es fühlt sich an, als würde die harte Arbeit jetzt erst wirklich beginnen...“

Matt hat recht. Jetzt, mit einem Powerhouse-Label und dem damit einhergehenden Support im Rücken, lautet die Mission von Dinosaur Pile-Up, jeden neuen Zuhörer zu überzeugen – neben all jenen, die schon Bescheid wissen. Die Gelegenheit dazu bietet sich mit dem neuen, vierten Album Celebrity Mansions, einer Sammlung von Songs, die mit großen Melodien brutzeln, aufgespießt auf rauer, berauschender Emotion.

Songs wie das brodelnde „Thrash Metal Cassette“, das mit kurzen Schockwellen der Freude explodiert noch bevor der Song bei seinem perfekten Pop-Refrain angelangt ist. Oder „Back Foot“, das auf einer Slacker-Rock-Vorlage aufbaut, es mit einer dicken Schicht exzentrischem Heavy Metal umhüllt und im Ergebnis eine der großartigsten Kombinationen aus Gitarre, Bass und Drums ist, die man seit Ewigkeiten gehört hat. Songs wie „Pouring Gasoline“ (der größte Refrain, den man sich vorzustellen traut) und „Round The Bend“ (der Beleg, dass man immer noch größer denken kann) sind schlagende Beweise von Matts wachsender Vielseitigkeit als Songwriter. Und doch ist es der Closer „Long Way Down“, der Matts Fähigkeiten auf die ergreifendste Weise verdeutlicht – der schönste, wärmste, anmutigste Song, den er jemals aufgenommen hat. Passenderweise handelt er von seinem verstorbenen Vater.

„Dieser Song ist der erste und bisher einzige, den ich jemals über meinen Dad geschrieben habe“, sagt Matt über „Long Way Down“. „Er starb bei einem Flugzeugunfall, als ich acht war. Ich habe es zuvor nie in einem Song thematisiert, weil es sich zu persönlich anfühlte. Nun habe ich es aber auf das Album genommen, weil ich nicht sicher war, ob sich die Chance noch einmal ergeben wird. Und weil ich schon immer die Vorstellung mochte, ihm einen Song zu singen. Ich fand es richtig, dass er das Album beschließt. Ich habe darüber eine Menge nachgedacht, als ich mir über das Tracklisting Gedanken machte...“

 Und warum „Celebrity Mansions“, Matt?

„Es bezieht sich auf eine Frage, die wir uns auf Tour stellten: haben wir unser Leben mit dieser Sache hier verschwendet oder werden wir jemals den Durchbruch schaffen?“, lächelt Matt, der diese Frage heute wesentlich selbstbewusster für sich beantworten kann als seinerzeit. „Ich sah sogenannte ‚Influencer’ bei Instagram. Popstars, die Geld damit machten, dass sie attraktiv sind. Menschen, die scheinbar nichts zu erzählen hatten. Und ich dachte bei mir: ‚Ganz bestimmt kann das nicht alles sein im Leben. Ganz bestimmt wollen die Leute mehr als das hier. Ganz bestimmt wollen sie ein wenig Substanz. Ich meine, wir reden hier von Musik. Es ist wichtig...“

Matt Bigland hat schon immer an Musik geglaubt. Wie sich herausstellt, hat die Musik immer auch an ihn geglaubt. Und was sagt ihr nun dazu?

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