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Biografie
Für jemanden, der in einem abgelegenen Wald in Norwegen groß geworden ist, ist Peder Losnegård ganz schön weit gekommen: Er produziert heute nämlich einige der größten Hip-Hop- oder Popstars der Welt. Der 23-jährige Virtuose mit dem Künstlernamen Lido ist dank seiner hyperaktiven, neonbunten, Grenzen testenden Produktionen auf dem besten Weg, einer der ganz Großen zu werden.
Seine Karriere ist weniger überraschend, wenn man erfährt, dass Lido im Grunde schon Musik gemacht hat, bevor er richtig laufen konnte. Sein Vater hat einen der wenigen norwegischen Gospelchöre dirigiert und Peder war selbstverständlich oft dabei. Als Dreijähriger war der heutige Produzent wie besessen von Kirk Franklin und Jazz-Musik und im Alter von zehn Jahren hat ihn ein Austauschschüler aus den USA mit Eminem und anderen Rappern von der anderen Seite des großen Teichs versorgt.
Es waren deshalb auch nicht skandinavische Einflüsse, Pop-Punk à la Sum 41 oder Britney, die von seinen Freunden gefeiert wurden, sondern der Gospeleinschlag von Kanyes ‘The College Dropout’ und J Dillas Groove, die ihn zur Musik - genauer zum melodischen Hip Hop - inspiriert haben.
Komplett autodidaktisch wurde Peder zum Wunderkind am Klavier und hat sich regelmäßig selbst an den Drums überboten. Bereits im zarten Alter von zehn Jahren kam er erstmals zum Programmieren von Musik – dank eines “sehr schlechten Musikprogramms auf dem Laptop meines Vaters. Ich glaube, es hieß 'Band in a Box'!”
Seither produziert er Beats – ohne eigentlich zu wissen, was er da kreierte. Genau diese Isolation und die Abwesenheit von jemandem, der ihm erklären konnte, wie man eigentlich produziert, hat seiner Musik eine Einzigartigkeit gegeben. “Ich wurde zu einer One-Man-Band, weil es nicht anders ging”, erklärt er, “Von Instrument zu Instrument springen war normal für mich, weil ich auch nicht wusste, dass man das nicht machen sollte. Ich dachte, dass alle Rapper ihre eigenen Beats produzieren würden.”
Diese “seltsamen elektronischen Songs”, wie Lido sie selbst beschreibt, waren eigentlich zu seinem eigenen Vergnügen gedacht. Doch als ihm sein Freund und Produzenten-Kollege Cashmere Cat den Label-Chef DJ Slow vorstellte, nimmt er Peder sofort bei seiner Plattenfirma Pelican Fly unter Vertrag. “[Slow] meinte zu mir: 'Hey, du weißt das Leute so etwas mögen, oder? Du weißt, dass es Clubs gibt, die diese Art von Musik spielen?' Ich hatte damals keine Ahnung, aber er hat mir die Szene gezeigt.”
Dank einer Reihe von Remixen hat Lido sich dann in Windeseile in die Sets der weltweiten DJ-Elite katapultiert. Sets, die von unzähligen Meinungsmachern gehört wurden. Das Internet hat er derweil mit Edits der Originalversionen von u.a. Disclosure und Bill Withers im Sturm erobert. Alle fragten sich, was es mit dem Pianomotiv mit den vier Noten auf allen Bildern auf sich hat und spekulierten, wer wohl hinter dem Namen stecken könnte. Seine musikalische Verspieltheit und Rastlosigkeit hat zwar schon zu vielen weiteren Projekten und Alias' geführt, aber die hält Lido jetzt erstmal unter Verschluss.
Durch seine 2014er-Debüt-EP 'I Love You' bei Pelican Fly, der Folgeplatte 'Superspeed' und Remixen von Banks, Alt-J und Mø kam Lidos unvergleichlicher Stil endgültig zu Tage. Seine Tracks springen übermütig von einer Idee zur nächsten – aber tragen eindeutig den “Lido”-Stempel. Man bekommt auf seinen Tracks nicht einfach nur eine Drum und eine Bassline, sondern eher eine ganze Front an Streichern und Bläsern, die seinen Sound in cineastische Höhen treiben.
In den letzten eineinhalb Jahren hat Lido eine ausverkaufte US-Tour hinter sich gebracht, für Chance The Rapper und A$AP Ferg produziert und war für die Produktion von Popsängerin Halseys Album 'Badlands' verantwortlich. Erst kürzlich hat ihn Kanyes 'Life of Pablo' inspiriert, das Pre-Album durch den Mixer zu werfen und sein eigenes achtminütiges, unwiderstehliches 'Life of Peder' draus zu machen.
Sein eigenes Debütalbum 'Everything' steht nun kurz vor der Veröffentlichung, die Aufnahmen begannen aber in einer schwierigen Zeit in Peders Leben. “Es ist ein unkonventionelles Break-up-Album”, erklärt er, “Es ist kein Album über ein Mädchen, es ist ein Album wegen eines Mädchens – eine Art Heilungsprozess, nachdem ich jemanden verloren habe, der mir viel bedeutet hat. Es heißt 'Everything', weil es darum geht, dass du, wenn du jemanden dein Ein und Alles sein lässt, riskierst, dieses Ein und Alles zu verlieren und danach nur mit dir selbst zurückbleibst.”
Das Kernstück des Albums heißt 'Crazy'. Der Song lässt die Hitze des Daft Punk Sounds mit der Magie von Zapp & Roger Talkbox verschmelzen, während Lido sich seinem Hudson Mohawke ähnlichem Signature Sound hingibt. 'Everything' exerziert aber nicht nur die erbaulichen Emotionen. “Ich wollte die Nuancen der Gefühle erkunden – in Traurigkeit steckt so viel Energie, Wut und Frustration”, beschreibt er, “Ich wollte erkunden, wie es ist, emotionale Musik zu machen, die komplizierter ist, als das was die Menschen normalerweise machen, wenn sie versuchen eine Geschichte zu erzählen.”
Jeder Track stellt also ein verschachteltes Kapitel seiner eigenen Geschichte dar und Lido freut sich darüber, dass Fans sich damit ein Stück weit auch mit sich selbst beschäftigen müssen. Am Ende war es “so ein angsteinflößendes Album für mich”, sagt er. “Es ist so emotional und ehrlich.” Und als wäre das nicht genug, demonstrieren die gefeatureten Vocals von Lidos guten Freunden Jaden Smith, Vic Mensa und einem 12-jährigen norwegischen Kind, dessen Mentor Peder ist, jeweils verschiedene Facetten seines Charakters.
Lidos eigene Vocals (von ihm sein “drittes Instrument” genannt) tauchen auch in 'Everything' auf, aber halten eher als Instrumente her, denn als gesungene Lines. “Es ist kein traditionelles Album mit Versen, Refrains und Texten, die leicht verständlich sind und zu denen man mitsingen kann”, stellt er klar.
Aus einer Laune heraus hatte er beschlossen, dass ganze Album schon vorab beim diesjährigen Coachella zu präsentieren. Peder brachte Jaden Smith mit sich auf die Bühne und machte aus dem Gig eine gigantische Listening Party, um dem Publikum die komplette Geschichte zu liefern. “Alle diese bisher ungehörten Songs vor einer feierwütigen Crowd zu spielen, war nervenaufreibend, um ganz ehrlich zu sein”, gibt Peder zu.
Und live gibt er alles. Als jemand, der sich leicht einer Vielzahl von Instrumenten widmen kann, ist Lido weit entfernt von der Riege an EDM-Produzenten, die auf der Bühne einfach nur den Play-Button drücken. ”Ich bin auf der Bühne selbstbewusster und mehr in meinem Element als irgendwo sonst”, erzählt er. Und das sollte jeder gesehen haben: Er flitzt mal eben von den Drums zum Keyboard, oft unterstützt von einem ganzen Orchester und starken Visuals.
Mit so einer ungebändigten Lust aufs Komponieren und auf der Bühne stehen ist jedenfalls klar, dass 2016 das bisher bedeutendste Jahr im Leben von Peder sein wird. Auf ihn!