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Stimmt schon: Never judge a book by its cover. Und doch verrät der Titel eines Albums oft bereits eine Menge. Nehmen wir beispielsweise das Debütalbum der MARMOZETS – Becca MacIntyre, Sam MacIntyre, Josh MacIntyre, Jack Bottomley und Will Bottomley –, eine Band, die mehr einer Gang gleicht: sie sind, im wahrsten Sinne des Wortes, Familie....

Stimmt schon: Never judge a book by its cover. Und doch verrät der Titel eines Albums oft bereits eine Menge. Nehmen wir beispielsweise das Debütalbum der MARMOZETS – Becca MacIntyre, Sam MacIntyre, Josh MacIntyre, Jack Bottomley und Will Bottomley –, eine Band, die mehr einer Gang gleicht: sie sind, im wahrsten Sinne des Wortes, Familie. „THE WEIRD AND WONDERFUL MARMOZETS“ fasste auf perfekte Weise die so unberechenbare wie unbestreitbare Musik der Band aus Bingley zusammen, die sie seit ihrer Gründung erschufen.

Wie aber sollte man nun den Nachfolger eines Albums nennen, das Q magazine als „A very impressive, ambitious debut” bezeichnete und bei den Kerrang! Awards als Album Of The Year ausgezeichnet wurde, zugleich aber seine Erschaffer dabei begleitete, wie sie persönliche Krisen überwanden, wichtige Lebenslektionen lernten und neue Blickwinkel aufs Leben fanden? Mit der Erkenntnis, dass man hinterher immer klüger ist, konnte es nur „KNOWING WHAT YOU KNOW NOW“ heißen. Und schon die Anwesenheit des legendären Producers GIL NORTON (Foo Fighters, Pixies) sorgte dafür, dass wir es hier mit dem bis dato ambitioniertesten und vollkommensten Werk der MARMOZETS zu tun haben.

„Noch in der Sekunde, als ‚diese Worte’ in der Unterhaltung fielen, sagte ich: ‚Das wäre ein brillanter Albumtitel’, erinnert sich Rhythmusgitarrist Sam MacIntyre. Seine Schwester, Sängerin Becca MacIntyre (die Noisey als „an amazing fronthuman” beschreiben), war gar so begeistert von der Phrase, dass sie dazu überging, sie heimlich in ihre Antworten an Journalisten einzubauen, die keinen blassen Schimmer von dem Scoop hatten, der ihnen direkt unter die Nase gerieben wurde („Es fasst auf perfekte Weise all das zusammen, was wir im Schilde führten“, sagt sie).

Die logische Folgefrage, die eben jene Journalisten nun in den kommenden Monaten stellen werden, lautet: Was genau ist es, das die Band dazugelernt hat und nun in Album Nummer zwei zum Einsatz brachte? Wie sich herausstellen sollte, war es die wichtigste aller Tugenden: Geduld – bezüglich ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen („Wir haben eine Reihe von Themen offen auf den Tisch gelegt, die uns am Vorankommen gehindert hatten“, sagt Drummer Josh) und des kreativen Prozesses.

„Geduld war ein großes Thema“, sagt Sam. „Wir hatten damit zu kämpfen, dass wir alle Songs jetzt und sofort fertig haben wollten. Wir haben Unmengen geschrieben, aber es passte einfach nicht“. Becca fügt hinzu: „Beim ersten Album hatten wir jahrelang Zeit, um es zu schreiben. Es gab keine großen Grübeleien und keinen Druck, es ergab sich einfach organisch.“

Vor diesem Hintergrund wurde die Geduld der Sängerin zusätzlich auf die Probe gestellt, als sie „die härteste Erfahrung [ihres] gesamten Lebens“ durchlebte – operative Eingriffe an ihren beiden Knien, die zeitweilig im Unklaren ließen, ob sie überhaupt mit dem würde weitermachen können, was sie liebte. „Ich war monatelang zum Nichtstun verdammt“, berichtet Becca. „Mir schwand der Glaube daran, dies hier jemals wieder tun zu können. Ich musste mir das Laufen komplett neu beibringen.“ Während sie die Situation ertrug und schließlich überstand, nahm sich ihre Band ebenfalls alle nötige Zeit, um neue Fahrt aufzunehmen.

„Wir landeten jede Menge Lattentreffer”, berichtet Lead-Gitarrist Jack Bottomley über ihre anfänglichen Fehlschläge. „Wir arbeiteten an dem, was wir hatten, anstatt nach unserem Bestmöglichen zu streben“. „Das Gefühl von Lachen und freudiger Erregung, das wir zuvor stets nach dem Schreiben und Durchspielen von Songs gehabt hatten, war weg“, fügt Josh hinzu. „Wenn du jedoch nicht aufgibst, können wundersame Sachen geschehen, soviel wissen wir jetzt“, sagt Becca.

Den Befreiungsschlag leitete die Band schließlich mit dem kantigen, stampfenden „New Religion“ ein, das sich als Schlüsselmoment für die weiteren Entwicklungen erweisen sollte.

“Wir wussten: jetzt haben wir den Anfang gefunden”, sagt Becca, beim Gedanken daran immer noch ganz aufgeregt. „Das elektrisierte Gefühl war wieder da und wir wussten: Das ist der Indikator dafür, dass wir am richtigen Punkt angelangt sind“, bestätigt Josh. „Von diesem Augenblick an begannen all die kleinen Momente zu passieren, die sich schneeballartig zu diesen Songs entwickelten“, so Sam.

Dieser Schwung resultierte auch in „Play“, dem „Paradebeispiel eines Selbstläufers“ ersten Vorgeschmack des neuen MARMOZETS-Kapitels. Dem Song wurde in England der nie dagewesene Ritterschlag zuteil, bei Radio 1 gleichermaßen zu Daniel P. Carters „Rockest Record“ und Annie Mac’s „Hottest Record“ ernannt zu werden. Der NME hob „Play“ als einen seiner „Best New Tracks“ hervor und erklärte: “The Brit alt-rockers return and they’re sounding absolutely massive.”

Die plötzlichen Früchte ihrer Arbeit brachten auch das tanzbare Riff-Spektakel „Habits“ hervor, in dem Becca einen verträumten, gleißenden Gesangsstil einnimmt. Der Song handelt „von bestimmten Leuten, die bestimmte Angewohnheiten haben, die nicht gut sind, und die es damit sehr übertreiben“, wie Sam erklärt.

Im widerborstigen, pulsbeschleunigenden „Major System Error“ – von der Band kollektiv als einer ihrer Favoriten bezeichnet – wechselt Becca in den Todesengel-Modus, umschwirrt von dichten Klangsalven, die klingen, als seien sie „strunzbesoffen von Jack Daniel’s um 2 Uhr morgens geschrieben worden“, und genau so war es. Und obschon Jack den Titel als „Zufallsprodukt” bezeichnet, so hat er doch bei näherer Betrachtung gleich mehrere mögliche Bedeutungen, einfach weil „es sich gerade so anfühlt, als würde die ganze Welt auseinanderfallen“. Tatsächlich ist „Major System Error” für Becca „ein Beziehungssong”, während er für Jack „ein politisches Statement” darstellt.

Es gibt das stachelige „Lost In Translation“, in dem die darin vorkommende Nummer „3177“ sich auf das Hotelzimmer in Japan bezieht, in dem Becca während einer Tour im trunkenen Zustand die Lyrics des Songs schrieb. „Ich fühlte mich wirklich einsam“, sagt Becca über den Song, der die Textzeile „No one here to be my friend“ enthält. „Ich hatte über die Dauer von zwei Stunden einen kompletten Ausraster: Ich war allein, ich konnte weder die Jungs noch unseren Tourmanager finden und fühlte mich unglaublich zurückgelassen. Immerhin: ich hatte ein Notizbuch und einen Stift.“ Das internationale Flair des Songs wird untermauert durch die Tatsache, dass er im weiteren Verlauf in den USA und London zusammengefügt wurde.

Dann gibt es da noch „Me & You“, das einen nackten, düsteren Moment auf dem Album repräsentiert – sein sparsames Arrangement passt zum rauen Grundgefühl des Songs. Er wurde inspiriert vom Tod der Großmutter der MacIntyre-Geschwister. Sie war stets eine enthusiastische Unterstützerin der Band gewesen und ihr Tod war der Anlass für diesen Song, von dem Josh sagt, er „haute [ihn] rücklings um“, als er ihn zum ersten Mal hörte.

“Ich wusste, dass etwas passieren würde, ich habe den Funken gespürt”, sagt Becca über die drei Tage, die sie auf dem Sofa verbrachte, um sich von den Operationen zu erholen und mit ihrer Trauer fertigzuwerden. „Am Ende kam der Song einfach so aus mir heraus.“

„Run With The Rhythm“, ein epischer Schwindelanfall von einem Track (der einen harmlosen Anfang genommen hatte – mit einem akustischen Schrammeln von Sam), wurde aufgrund seiner ermutigenden Message zum letzten Song des Albums auserkoren. „Er teilt allen mit, dass alles gut ist“, erklärt Becca. „Selbst, wenn dir danach ist aufzugeben: tue es nicht, mach einfach weiter!“

GIL NORTON half MARMOZETS dabei, ihre positive Einstellung zu bewahren, während man gemeinsam im Monnow Valley Studio arbeitete (wo er über die Jahre Größen wie Oasis, Queen und Black Sabbath beherbergt hatte). Nicht nur erfreute er die Band mit Geschichten über Songwriting-Sessions mit David Bowie, Dave Grohl und Frank Black – der Liverpooler Producer, den Becca „eine Legende“ nennt und Josh „einen Onkel“, brachte sie dazu, auf eine komplett andere Weise zu arbeiten.

„Er nimmt auf merkwürdige Weise auf, aber merkwürdig gut!“, sagt Jack über den Aufnahmeprozess. „Keiner von uns war zu irgendeinem Zeitpunkt mit einem der anderen im selben Raum. Was bedeutete, dass du dich wirklich auf deine eigene Sache konzentrieren konntest und mehr Raum für dich selbst hattest.“ Josh stimmt zu: „Es waren keine Egos und Meinungen im Raum. Er lässt dich einfach dein Ding machen.“

Sein eigenes Ding zu machen ist, wie Sam erklärt, entscheidend für das, was MARMOZETS auf ihrem zweiten Album „KNOWING WHAT YOU KNOW NOW“ getan haben. „Wir haben es für uns selbst gemacht. Es ist nicht so, dass wir uns nicht um unsere Fans scheren – wir lieben sie total –, aber der Grund, wieso sie mögen was wir tun ist, dass wir sind, wer wir sind. Wenn wir absichtlich versuchen würden, einen bestimmten Markt zu bedienen, wäre das scheiße.“

„Wir machen Dinge nicht, weil sie cool sind, sondern wir machen sie, weil sie sich richtig anfühlen“, fügt Becca hinzu.

Der zweite Longplayer der MARMOZETS ist ein Album, das sich für seine Erschaffer richtig anfühlt, und ihren neuen und alten Fans wird es nicht anders gehen. Macht euch bereit, das aufregendste Album des Jahres 2018 kennenzulernen.

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