Anitta spricht über Body Positivity, ihr bisexuelles Outing und das kommende Album

News-Titelbild - Anitta spricht über Body Positivity, ihr bisexuelles Outing und das kommende Album

In ihrer Heimatstadt Rio gebe es „hot girls“, doch diese entsprächen nicht den gängigen Schönheitsidealen: „We don’t look like models. Tanned lines, big curves“ – so singt es Anitta in ihrer aktuellen Single „Girl From Rio“, mit der sie einmal mehr ein starkes Statement abliefert. Anitta wolle „den männlichen Blick auf den weiblichen Körper umdrehen, sich aneignen“, attestierte auch der SPIEGEL jüngst und zeigte sich beeindruckt von der Breite an gesellschaftlichen Themen, für die sich die 28-Jährige starkmacht: „Feministin, bisexuelle LGBTQ-Vertreterin, Black-Lives-Matter-Aktivistin und Gegnerin Bolsonaros“. 

Grund genug, Brasiliens internationalen Pop-Superstar zum „Power Talk“ zu bitten. Nach Maisie Peters & Lisa Pac und Bebe Rexha & Katja Krasavice ist die Brasilianerin in der dritten Folge unserer Gesprächsreihe in unsererem YouTube-Kanal Angesagt! die alleinige Gesprächspartnerin von Influencer und Blogger Berry („Hollywood Tramp“). Und sie nutzt ihre Plattform: gut 20 Minuten unterhalten sich die beiden über Themen wie Body Positivity, ihr bisexuelles Outing sowie das kommende Album, an deren Fertigstellung Anitta derzeit arbeitet. 

Zu Beginn des Gesprächs geht es um das bereits knapp 25 Millionen-mal angesehene Musikvideo zu „Girl From Rio“ (s.u.), das die Botschaft des Songs widerspiegelt, denn die darin zu sehenden Frauen haben unterschiedlichste Körpertypen – und sie fühlen sich damit ganz offensichtlich sehr wohl.  „Ich finde, wenn Frauen den Fernseher einschalten oder in ihre Handys schauen, sollten sie dort etwas sehen, das ihnen das Gefühl gibt: darin finde ich mich wieder“, betont Anitta. „Es gab viel zu lange nur einen gültigen Schönheitsstandard in der Modeindustrie, doch ich denke, alle unterschiedlichen Typen und Ethnien sollten sich gleichermaßen wertvoll und gesehen fühlen. Ich mag es nicht, etwas nur für Zahlen und Charts und Geld oder was auch immer zu machen. Für mich zählt, dass ich das Leben der Menschen irgendwie verändere. Deshalb versuche ich immer, eine Message hinter meiner Arbeit zu transportieren.“

Und diese Message wird vernommen: allein bei Instagram folgen Anitta knapp 54 Millionen Menschen. Die lieben den Popstar Anitta, aber eben auch den Menschen. „Wie alle anderen habe auch ich Tage, an denen ich denke: Oh, meine Haare sehen lächerlich aus oder meine Haut, was auch immer. Doch schon am nächsten Tag kann es sein, dass wir wieder aufstehen und uns schön fühlen. Das ist ein Teil des Lebens“, so Anitta. „Ich denke, jeder hat etwas an seinem Körper und seinem Aussehen, das er nicht mag. Bei mir ist es zum Beispiel die Cellulite. Ich habe so viel! Und es gibt keinen Weg, wie ich sie wegzaubern kann. Also habe ich einfach beschlossen, sie zu akzeptieren und lieben zu lernen. Daher zeige ich in meinen Musikvideos meine Cellulite, um damit zu sagen: genauso wie ihr bin auch ich nicht perfekt.“

Ziemlich menschlich ist auch, dass Anitta ein echter Sportmuffel ist: „Ich hasse es, zu trainieren. Ich hasse es“, platzt es gut gelaunt aus ihr heraus. „Manchmal gehe ich trotzdem, zum Beispiel, wenn ich niedergeschlagen bin und weiß, dass es mir neue Energie bringen wird. Aber nach spätestens drei Wochen bin ich durch damit. Es ist einfach nichts für mich. Ich mache keine Diäten. Ich esse Hamburger. Heute Morgen habe ich mir Pancakes mit griechischem Joghurt gemacht, so richtig schön reichhaltig“, lacht die Brasilianerin, die überhaupt sehr viel lacht und in dem Interview immer wieder temperamentvolle Ausbrüche hat. 

So beispielsweise, wenn es um die LGBTQ+ Community geht: „Ich sehe mich zu 100% als ihre Stimme“, schwärmt Anitta. „Und für mich sind es meine Lieblingskonzerte, wenn ich auf einem LGBTQ+ Event auftrete. Ich kann mich wie eine Diva kleiden, ich kann super glamourös sein, puff-puff-puff, schick und voller Glanz. Ich liebe es!“, so die Künstlerin, die sich im vergangenen Jahr als bisexuell outete. „Ich hatte Angst zu sagen, wer ich wirklich bin“, räumt Anitta dazu ein, „aber dann dachte ich bei mir: Niemand fragt dich: ‚Oh, bist du heterosexuell?’ Niemand tut das.“ Und das allein war für sie Grund genug, den Schritt zu gehen: „Vorurteile sind etwas, das ich nicht verstehe. Ich bin nicht voreingenommen. Ich bin allen Dingen gegenüber sehr aufgeschlossen. Sexuell, religiös, alles. Sei, wer immer du sein willst!“

Zum Ausklang spricht Anitta noch über ihr kommendes, fünftes Album. Es werde „eine Mischung aus Spanisch und Englisch“ bereithalten, „ein bisschen mehr Englisch als Spanisch, aber kein Portugiesisch, höchstens eine Spur, aber da ich bin mir noch nicht sicher.“ Doch auch so werde sie „viel von der brasilianischen Kultur in die Texte einfließen lassen, so wie in ‚Girl From Rio’“, verspricht Anitta. Dann kann es nur großartig werden!