Phoenix

BANKRUPT! ist das erste PHOENIX-Album seit vier Jahren. Es ist kein politisches oder finanzielles Statement. Es bietet keine Lösungen für die großen Probleme der Welt noch empfiehlt es, der Überschuldung mit Begeisterung zu begegnen. Es klingt fast kein bisschen wie alte PHOENIX-Alben. Es wurde zwar von den gleichen Menschen gemacht, die auch die vergangenen Alben gemacht hatten, doch spielten...
BANKRUPT! ist das erste PHOENIX-Album seit vier Jahren. Es ist kein politisches oder finanzielles Statement. Es bietet keine Lösungen für die großen Probleme der Welt noch empfiehlt es, der Überschuldung mit Begeisterung zu begegnen. Es klingt fast kein bisschen wie alte PHOENIX-Alben. Es wurde zwar von den gleichen Menschen gemacht, die auch die vergangenen Alben gemacht hatten, doch spielten sie nicht unbedingt die gleichen Instrumente. Diese Menschen sind: Thomas Mars, Laurent „Branco” Brancowitz, Christian Mazzalai, Deck d’Arcy. Es wurde geschrieben und aufgenommen in New York City und Paris, produziert von der Band selbst und Philippe Zdar in Montmartre. Champagner war involviert. Es enthält zehn Songs, mehr nicht. Diese Songs sind unten gelistet und sollten in ihrer Anordnung nicht verändert werden.
BANKRUPT! ist das Resultat eines Prozesses, der begann, als PHOENIX am Ende ihrer letzten Tour, auf der sie ihr viertes, Grammy-gekröntes und allseits gefeiertes Gold-Album „Wolfgang Amadeus Phoenix“ supportet hatten, von der Bühne gingen. Ende 2010 begab sich die Band in die Oscilloscope Laboratories in Manhattan und führte ihre Experimente mit Sound und Farbe fort. Diese Phase des Experimentierens dauerte drei Monate – eine Zeit, in der die Band ein Gefühl der Nostalgie für ihr Heimatland Frankreich entwickelte. Laurent Brancowitz erinnert sich, dass diese Empfindungen ihren Anfang fanden, nachdem man einen Film gesehen hatte, der in Paris spielte und Bilder der Seine und des Eiffelturms zeigte. „Ich verspürte starke Emotionen und wusste, dass das nicht normal ist“, sagt er. „Ich war zum ersten Mal in der Position, dass ich Frankreich wie ein Fremder liebte. Als wir dann zurückkamen, hatten wir diese große Offenheit in uns: New York hat uns insofern beeinflusst, dass wir dadurch unser Französischsein mehr annehmen konnten. Wir bezogen uns auf Dinge, auf die wir uns noch nie bezogen hatten, weil sie uns einfach zu nahe gestanden hatten. Dadurch, dass wir weggegangen waren, wurde uns klar, dass sie uns sehr nahe, dem Rest der Welt aber sehr fern waren.“ Jedes Bandglied besuchte noch einmal seine Jugend, um einstige Inspirationen wiederzufinden: Jacno, Alain Bashung, Alain Chamfort, Roy Andersson, Eric Rohmer, Francois Truffaut, Franco Battiato, Lucio Battisti, Sigue Sigue Sputnik, Teenage Mutant Ninja Turtles. Viele dieser Einflüsse werden dem Hörer nicht unbedingt ersichtlich sein.
Nach den Sessions in New York verstreuten sich die Mitglieder in die unterschiedlichsten Winkel der Welt und führten ihre gemeinsame Arbeit mithilfe modernster Kommunikationsmittel fort. Im Frühjahr 2011 trafen sie im Studio d'Herbécourt in Paris für Aufnahmesessions erneut zusammen, bevor sie sich schließlich Ende 2012 Zdar beim Mixing im Studio anschlossen. Auch wenn dieser Prozess mehrere Monate dauerte, verdeutlicht Mars, dass dies nichts mit Trägheit oder Selbstgefälligkeit zu tun hatte, die man womöglich durch das Erreichen der Ziele erlangt hatte.
„Sobald du erfolgreich bist, musst du dich all diesen sonderbaren Entscheidungen stellen, die du vorher noch nie treffen musstest“, erklärt er. „Luxus ist, einfach nein zu sagen, doch es ist ein harter Kampf, ständig nein zu sagen.“ Ergänzend fügt er hinzu: „Es gab stets diese Spannung, dass jede Sekunde in diesen zwei Jahren wertvoll war. Was natürlich auch daran lag, dass sich unsere Leben verändert hatten: Alles war viel epischer und intensiver. Und emotionaler, weil wir einander einfach so gut kennen.“
BANKRUPT! ist keine austauschbare Populärmusik. Obwohl die Songs beim ersten Hören ziemlich angenehm sind, lassen weitere Durchläufe tiefere Bindung und Befriedigung zum Vorschein kommen – was absolut beabsichtigt ist. „Dieses Album hat mehrere Schichten“, so Brancowitz. „Je öfter du es auflegst, desto mehr hörst und verstehst du, was dort passiert. Gleichzeitig wollten wir aber auch, dass es richtig flüssig und einfach ist, wie eine Kugel aus Marmor. Zunächst siehst du einfach nur eine Kugel – aber es gibt einen Typen, der sie ein Jahr lang poliert hat.“
Dieser Zwiespalt aus einfach und komplex wird auch offensichtlich in der pentatonischen Struktur, die sich durch das ganze Album zieht – zum Beispiel in Songs wie „Entertainment“ und „Drakkar Noir“ oder den Wagner'schen Übersteuerungen „SOS in Bel-Air” und „Oblique City“. BANKRUPT! Ist, völlig beabsichtigt, eine schwindelerregende Erfahrung für den Hörer. „We fühlten diesen Schwindel, dieses Gefühl, kurz vorm Versagen zu stehen“, sagt Brancowitz. „Das ist etwas, was wir sehr gerne erforschen. Nach einer Zeit erkennst du, dass die interessantesten Dinge im Leben nicht Erfolg oder Triumph sind, sondern eher die Möglichkeit, dass all das zusammenbrechen könnte.“
„Vieles handelt vom Mittelmaß, über Dinge, die nicht danach streben, besser zu werden“, ergänzt Mars. „Das ist etwas, womit die Band jeden Tag kämpfen muss. Jede Entscheidung, die du treffen musst, ist eine nicht endende Verwicklung. Das Ziel ist nicht, rebellisch zu sein, sondern etwas loszuwerden. Denn wenn du das tust, kannst du erleichtert sein und weiter nach vorne gehen.“
BANKRUPT! kann man also als den Triumph bezeichnen, das Versagen zu akzeptieren. Noch einmal: Es wird keine Probleme lösen. Es kann aber Katharsis, Euphorie oder Inspiration hervorrufen.