8. Dezember 2023

Flavio veröffentlicht neue EP "Liebe & SIM-Karten"

Irgendwo zwischen grauer Ruhrpott-Realität und dem flirrenden Asphalt Sardiniens nehmen uns die Song mit in Flavios Welt. Unten gibt es die Videos zum Titeltrack und "Limoncello auf den Nikes" zu sehen.

News-Titelbild - Flavio veröffentlicht neue EP "Liebe & SIM-Karten"

Flavio ist eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Rap-Game, das haben die diesjährigen Single-Releases erneut eindrucksvoll bewiesen. Seine Stream-of-Consciousness-Poesie, sein eigenwilliges Versmaß, die betont unbeeindruckten, geradezu ignoranten Flows – diesen Stil kann man nicht imitieren, man hat ihn oder nicht. Der Rapper, der immer mit einem Bein in seiner Geburtsstadt Gelsenkirchen und mit dem anderen in seiner Familienheimat Sardinien steht, verbindet in seinen Texten die grobkörnige Lebensrealität des Ruhrpotts mit dem unbeschwerten Lebensgefühl Süditaliens – „Ruhrpott-Kinder, wir machen aus Scheiße Kohle“ vs. „Ich komm aus Sardinien, im Sommer weißt du wo ich bin“, um die Spanne mit zwei Zeilen aus „Liebe & SIM-Karten“ zusammenzufassen, Flavios heute erscheinender EP.

Die zeigt über 4 Tracks die gesamte thematische und stilistische Bandbreite des Künstlers auf, der bei Atlantic Germany unter Vertrag steht. Angeführt wird die Sammlung vom Titeltrack „Liebe & SIM-Karten“ – ein Song, in dem Flavio zunächst einmal ein Shoutout an sein Management gibt: „Man muss verrückt sein, um mich zu managen“. Aber nicht nur sie wissen, was sie an Flavio haben, auch „mein‘ Fra‘“, mit der er gerade in seinem BMW 4er Gran Coupé mit 300 Sachen über die Autobahn schießt – „ich hab dafür bezahlt, also drück ich den Scheiß runter“. Denn verrückt hin oder her: an Flavios Seite geht es einem gut, „der größte Flex an mir ist, dass du glücklich bist.“ Das ist zu einem Gutteil seiner südeuropäischen Haltung zum Leben zu verdanken: „Gute Laune, ich will kein Regen sehen“, stellt Flavio in „Liebe & SIM-Karten“ klar, ein Song, der geradezu idealtypisch zeigt, wie schnörkelloser Rap und catchy Popmelodien eine gelungene Mixtur ergeben können, in dem sentimental schwebende Soundscapes auf satt kickende Bass-Beats treffen und eine Liebeserklärung an die Frau an seiner Seite und schnelle Autos auf nicht immer 100%ige gesetzestreue Geschäftspraktiken: „Scheiß auf Musik, mach dasselbe mit ‘ner SIM-Karte“.

Dass es trotz der oben formulierten Lebenshaltung auch in Flavios Leben manchmal regnet, zeigt der darauffolgende Track „Scheiß auf Dich“. Der Song ist eine bittere Abrechnung mit einer Person, deren „Liebe niemals echt war“, die ihn belog – und sogar jetzt noch in sein Leben pfuschen will, da sich ihre Wege längst getrennt haben: „Wir passen nicht zusammen / Und es gibt kein wir / Und alles was du Schlechtes über sie redest / Macht dich nicht zu ihr“, singt Flavio voller Bitterkeit über eine melancholische Pianomelodie, die von nervösen Drum-Machine-Beats zerschnitten wird. Ganz anders die Stimmung in „Limoncello auf den Nikes“: Über flackernde Electro-Beats rappt Flavio über seinen ausschweifenden Lifestyle und liefert zugleich eine Hommage an seine Heimatstadt: „Neues Auto, es ist königsblau, Schalke represent / Zahl in bar, das ist ein Flavio-Moment“, flext er über hochtourige D’n‘B-Beats und schwerelose Synthies, die im Clubnebel leuchten wie der titelgebende Limoncello auf den Nikes. Die EP ist voll von solchen Flavio-Momenten, ganz sicher auch in „Sportwagen“, dem vierten und letzten Track. Er nimmt uns mit nach Sardinien, wo das Leben leicht ist, zumindest an der Oberfläche. Denn der Lifestyle – „trink Aperol bis meine Pisse rot ist“ – will schließlich ebenso bezahlt werden wie das Dolce&Gabbana-Kleid an ihrem Körper: „Sie fragt, wie ich alles zahl / Baby, ich hab vieles, was ich dir nicht sagen kann“, rappt Flavio über einen Trap-Beat, dessen Bass so dunkel brummt wie die Machenschaften, in die Flavio verwickelt ist, der sich fühlt wie Ciro Di Marzio in der neapolitanischen TV-Serie „Gomorrha“.

Irgendwo zwischen grauer Ruhrpott-Realität und dem flirrenden Asphalt Sardiniens nimmt uns „Liebe & SIM-Karten“ mit in Flavios Welt. Eine Welt, in der alles ein wenig anarchischer zugeht als in deutschen 08/15-Biografien. Kann sein, dass man verrückt sein muss, um Flavio managen. Man wäre aber auch verrückt, es nicht zu tun. Dieser Mann wird den deutschen Hip-Hop über Jahre prägen. Mit „Liebe & SIM-Karten“ liefert er das nächste rundum überzeugende Statement ab.

@flavio_octopus

trink aperol bis meine 💦 rot ist

♬ Sportwagen - Flavio