Evan Barlow

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Während das Leben seine Drehungen und Wendungen nimmt, lernt man seine Lektionen.

Evan Barlow schnitzt Songs aus dieser Art gelebter Weisheit. Der Sänger, Songwriter, Producer und Multi-Instrumentalist beschreibt detailliert eine packende Reise, die von Armut, Tragödie, Gefängnishaft und Sucht im ländlichen Virginia dahin führte, dass er clean wurde, bei Elektra Records unterschrieb, den Beifall von Earmilk und Flood Magazine erntete...

Während das Leben seine Drehungen und Wendungen nimmt, lernt man seine Lektionen.

Evan Barlow schnitzt Songs aus dieser Art gelebter Weisheit. Der Sänger, Songwriter, Producer und Multi-Instrumentalist beschreibt detailliert eine packende Reise, die von Armut, Tragödie, Gefängnishaft und Sucht im ländlichen Virginia dahin führte, dass er clean wurde, bei Elektra Records unterschrieb, den Beifall von Earmilk und Flood Magazine erntete und einen unverwechselbaren Stil entwickelte, der an den Stil eines Jeff Buckley oder Leonard Cohen in der Post-Genre-Soundcloud-Ära erinnert.

Würde Jim Carroll die Geschichte von „In den Straßen von New York“ über Lo-Fi-Gitarren, Trap-Echos und ländliche Ausschmückungen reimen: es könnte in etwa so klingen wie Barlows im März 2020 veröffentlichte EP Barlow Lane.

Einfach gesagt, halten diese Tracks nicht hinter dem Berg und malen sich eine neue Americana-Epoche aus, in der alle Mittel erlaubt sind.

„Es gibt nichts, worüber ich nicht sprechen würde“, ruft Evan aus. „Ich halte nichts zurück. Ich habe all das erlebt, weil ich es nicht besser wusste. Die Kids von heute wissen nichts über Sucht, weil man es ihnen nicht beibringt. Das gilt für Sozialbauten bis tief in die Vorstädte. Daher ist meine Musik eine authentische Reise, bei der ich alles furchtlos loslasse. Ich weiß, wie es ist, Drogen zu nehmen und nicht zu wissen, warum du es tust. Ich weiß, wie es ist, Gefühle zu haben, die du deiner Familie gegenüber nicht zum Ausdruck bringen kannst. Die einzige Sache, mit der ich meinen Schmerz wirklich besiegen konnte, war Musik. Nun will ich so vielen Menschen wie möglich helfen.“

Und dazu ist er ganz sicher in der Lage.

Evan wuchs in Frog Level, Virginia auf, „einer kleinen Bauernstadt, in der man entweder ein Farmer oder Trucker ist, am Samstag zum traditionellen Salt Fish Breakfast geht und am Sonntag in die Kirche.“ Kurz nach seinem dritten Geburtstag ließen sich seine Eltern scheiden und er wurde zwischen seiner Mutter und seinem Vater hin- und hergeschoben.

Im Alter von sieben Jahren lieh er sich für einen Schulausflug den Discman und einen Stapel CDs von einem Cousin. Während der Fahrt öffnete ihm 2Pacs Greatest Hits die Augen für die Kraft des Hip-Hop. Gepaart mit der Liebe seines Vaters zu Elvis Presley, Lynyrd Skynyrd, AC/DC und Johnny Cash und seiner eigenen Entdeckung von Linkin Park, entwickelte er ein unzertrennliches Band zur Musik.

„Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Musik“, bestätigt er. „Es war etwas, wohin ich mich wenden konnte, wenn mir ansonsten nichts blieb – bevor ich von Drogen wusste, versteht sich.“

Obwohl er nur eine winzige Highschool mit 300 Schülern besuchte, waren Drogen einfach zu bekommen. Zwischen aufkeimenden Ideen bei GarageBand – inspiriert vom Lil Wayne der Mixtape-Phase – entdeckte er Pillen und Kokain. Abhängig von Schmerzmitteln, versuchte er es mit einer Entziehungskur in Florida, nur um sich wenig später zurück in Virgina wiederzufinden, diesmal mit einem Verlangen nach Heroin. Das Leben löste sich in einen Nebel auf, in dem er sich abwechselnd um seine – infolge einer zehrenden Rückenverletzung – bettlägerige Mutter kümmerte und Drogen für sich selbst besorgte. Nach einer einmonatigen Liebschaft in Oregon häuften sich die Strafbescheide gegen ihn und er landete hinter Gittern.

Und es kam noch schlimmer.

„Eines nachts weckten sie mich in meiner Zelle und brachten mich ins Büro des Seelsorgers“, erinnert er sich. „Mein Dad war am Telefon und teilte mir mit, dass meine Mutter gestorben war. Das war mein Tiefpunkt. Ich dachte nur: ‚Das war’s. Ich tue das für sie. Ich tue das für mich. Ich muss mit dieser verdammten Scheiße aufhören und meine Träumen verwirklichen.’ Die nächsten drei Tage dachte ich darüber nach, was ich tun würde, wenn ich da raus bin.“

Er löste sein Versprechen ein. Clean mit 22 Jahren, machte er sich ans Werk und begann mit dem Schreiben und Aufnehmen. Das unabhängige Fabrics-Mixtape schlug 2016 lokale Wellen, dazu spielte er ausverkaufte Shows rund um Richmond, performte in Entzugskliniken und sprach in Gefängnissen. Dazwischen spielte er Support für Künstler wie Waka Flocka Flame und weitere. 2018 zog er nach Los Angeles und unterschrieb bei Locomotion Music. Anschließend ging er mit den Produzenten Martin Terefe [Coldplay, Jason Mraz] und Matt Schwartz [Halsey, Yungblud] ins Studio und nahm Barlow Lane auf.

Angeführt wurde die EP vom 2019 veröffentlichen „If You Care“, getragen von einer wehklagenden und leise, präzise gespielten Gitarre. Die Single „Let Him Come“ warf ein Schlaglicht auf das unvorhersehbare Bauchgefühl seines einzigartigen Stils, den Earmilk als „eine instinktgeleitete Interpretation“ dessen rühmte, „wenn Rap, R&B und Indierock in trauter Einigkeit zusammenfänden“. Im Gefolge seiner Touren mit grandson, Des-Roc, Saint PHX und anderen erntete Barlow weiteres Lob.

Nun zieht Barlow Lane die Hörer noch tiefer in seine Welt. „Polly’s In The Closet” malt über eine schwermütige akustische Gitarre das erschreckende Bild einer drogenschwangeren Beziehung zwischen zwei seiner besten Freunde, die dem Untergang geweiht ist – und tatsächlich sind beide inzwischen tot. An anderer Stelle findet sich das berauschende, zwischen Hip-Hop und Folk angesiedelte „Feels Good“, außerdem das emotional aufgeladenen „Headstone“, das er als „meinen ersten Tiefpunkt“ bezeichnet.

„Mein bester Freund in der Schule erschoss sich“, seufzt er. „Ich hätte es meiner Familie niemals vermitteln können, also rief ich meine Mom an und gestand ihr mein Drogenproblem. Das machte die Dinge nur noch schlimmer, aber immerhin versuchte ich es. Wenn jemand stirbt, bleibt dir nur noch, seinen Grabstein [Headstone] zu besuchen. Das war alles, was ich nun noch von ihm sehen konnte. Damals wünschte ich mir, gewusst zu haben, wie schlecht es für ihn war. Ich hoffe, er ist nun frei. Ich will, dass die Leute das hören und wissen: es gibt einen anderen Weg.“

Er fand diesen anderen Weg in seiner Musik.

„Die Dinge passieren, weil sie passieren sollen. Es gibt einen höheren Sinn“, ist er überzeugt. „Wenn man durchgemacht hat, was ich durchgemacht habe, ist es schwer, nicht so zu denken. Normalerweise überlebst du nicht, wenn du dir einen verdammten Schuss nach dem anderen setzt und Nadeln teilst. Ich habe hunderte von Freunden verloren. Es gibt einen Grund, wieso ich hier bin. Ich habe nicht ohne Grund einen Plattenvertrag erhalten, kaum dass ich drei Wochen in L.A. war. Ich betrachte alles wie eine große Lektion und nicht einfach nur irgendwelchen Bullshit, der nichts bedeutet.“

Am Ende könnten seine Lektionen auf Barlow Lane sogar ein Leben retten.

„Hab keine Angst, über dein eigenes Leben zu sprechen“, schließt Evan. „Stehe selbstbewusst dazu, wie du aufgezogen wurdest und wo du herkommst. Ich hoffe, die Leute fühlen in diesen Songs etwas. Jedes Wort ist echter Schmerz und echte Emotion. Das ist alles, was ich jemals tun wollte. Nun kann ich es.“

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