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Das Leben ist nie nur großartig oder nur beschissen, sondern voller kleiner Momentaufnahmen zwischen Euphorie und Traurigkeit, die am Ende das ergeben, was man “Lebensgefühl” nennt. Nik Falcke alias falcke fängt es in seinen Songs ein. Der 25-Jährige aus Köln ist einer der spannendsten neuen Künstler an der Schnittstelle zwischen Singer-Songwriter-Pop und Hip-Hop. Seine Texte zeigen eine faszinierende Tiefe und...

Das Leben ist nie nur großartig oder nur beschissen, sondern voller kleiner Momentaufnahmen zwischen Euphorie und Traurigkeit, die am Ende das ergeben, was man “Lebensgefühl” nennt. Nik Falcke alias falcke fängt es in seinen Songs ein. Der 25-Jährige aus Köln ist einer der spannendsten neuen Künstler an der Schnittstelle zwischen Singer-Songwriter-Pop und Hip-Hop. Seine Texte zeigen eine faszinierende Tiefe und Komplexität im Denken und Fühlen, sein musikalischer Horizont ist riesig. Und seine Produktionen sind der komplette Gegenentwurf zu glatten Popsongs. Eher sind sie das Ergebnis einer lustvollen Auseinandersetzung mit der Materie Sound, ein Puzzle aus Beats, Samples und Effekten, gepaart mit einem profunden Gespür für großartige Melodien, einer ausgeprägten Liebe für satt drückende Hip-Hop-Bässe und der Tiefe von Singer-Songwriter-Musik. falckes Songs klingen auf perfekte Weise unperfekt – es darf leiern, scheppern und knistern.

So auch in “egal”, seiner Debütsingle für Warner Music/DolceRita Recordings. Der Song fängt an wie ein knisterndes Live-Recording: Gitarrenklänge, die von den Atmo-Geräuschen fast überblendet werden, dazu ein launiges Summen der Melodie, bevor falcke zu singen anhebt – aber mitten im ersten Satz abgeschnitten wird: “Du bist mir so eg-” – und dann kickt ein satter Bassbeat rein, der den eigentlichen Start des Songs markiert. Ein holpriger Start, der als Metapher für die Thematik des Songs gesehen werden darf. Da liefen nämlich auch einige Dinge ziemlich unrund: “Zwischen Afterhour und Ekstase / Fühl ich manchmal viel zu viel / Und manchmal gar nichts / Und der Tag danach / Ist mir so egal / Aber du halt nicht”, thematisiert falcke eine vergangene Liebesbeziehung, die nicht recht vergehen will. Und das, obwohl er in den vergangenen Jahren “so viel ausprobiert” hat, sich wiederfand und wieder verlor, sich reflektierte “bis mein Spiegelbild klirrend zerbricht”. Es sind Zeilen, die auch zum Privatmensch Niklas Falcke passen, der ein extrem reflektierter und nachdenklicher Gesprächspartner ist, der sich und das Gesagte immer wieder hinterfragt, nicht etwa aus fehlendem Selbstbewusstsein oder mangelnder Selbstüberzeugung. Sondern weil er ein emotionaler Poet ist, der offen mit seinen Gefühlen umgeht.

Das ist die eine, die emotionale Seite seiner Musik. Die andere ist die fachliche. Und die ist bei falcke mindestens ebenso stark ausgeprägt. Es ist die helle Freude, ihm dabei zuzuhören, wenn er über seine musikalischen Inspirationen spricht.  Seine Begeisterung für Fred again.. und dessen jüngste “Actual Life”- und “Secret Life”-Alben etwa, oder wieso der Beat von Mura Masas 2017er-Song “Lovesick” zu den zentralen Inspirationen seiner Karriere zählt, Bon Iver für ihn der “GOAT” ist und auch Kanye West eine “Rieseninspiration”. Genauso selbstverständlich lässt er Namen jenseits des Mainstreams einfließen, John Cage etwa, sozusagen der Urvater des Samplings, das falcke so überzeugt betreibt (“für mich im Bereich der Produktion die spannendste Entwicklung der letzten 30 Jahre”), Christian Löffler für dessen filmmusikalisch-melodischen Electro, UK-Hip-Hop oder afrikanische Klänge aus Angola und von den Kapverdischen Inseln, oder wieso er es wie Producer-Ikone Rick Rubin hält und täglich mehrmals meditiert, “auch bei der Musik fühle ich mich immer erst mal kurz rein, um zu spüren: was ist eigentlich da.”

Da ist – man ahnt es nach dem bisher Geschilderten – bei falcke oft: eine Menge. Weshalb er sich manchmal beim Produzieren und Texten “verlaufen und dadurch eine Klarheit verloren” hat, wie er sagt. Für seine neuen Songs unter der Flagge von Warner Music/DolceRita Recordings fasst er daher den Entschluss, erstmals auch mit anderen Songwritern und Producern zusammenzuarbeiten – ein Prozess, der anfangs nicht leicht für ihn ist, ihn er aber eine Menge lehrt: “Ich musste einen Teil der Kontrolle abgeben, auch, um mich als Songwriter und Sänger zu finden und nicht hinter den Produktionen zu verstecken. Ich musste lernen, das Songwriting einfach mal ganz ‘entromantisiert’ als Handwerk zu sehen – dass man nicht immer sämtliche Perspektiven von sich einbringt, sondern es auch mal reicht, ein Gefühl stehenzulassen.” falcke, der von sich sagt, für ihn habe jedes Wort beim Texten gefühlt sieben Bedeutungen, machte in der Zusammenarbeit mit Top-Produzenten wie Tim Tautorat, Dasmo & Mania und Martin Haller (mit dem er in Köln seit zwei Jahren eine Studio-Etage teilt) eine neue und geradezu befreiende Erfahrung: “Es geht nicht darum, tausend gute Ideen zu haben. Sondern eine gute Idee, die dann auch durchkommt.”

Übertragen auf die bisherige Laufbahn von Nik kann man feststellen: Es ist ein Glücksfall, dass die Musik als beste Idee durchgekommen ist. Einst wäre er fast professioneller Fußballer geworden (er stand als Jugendlicher kurz vor der Jugendbundesliga), nach dem Abitur studierte er fast Physik (sein Vater ist der berühmte Astronom Heino Falcke, dem es vor einigen Jahren erstmals gelang, ein Foto vom Schwarzen Loch zu machen), fing dann aber bei einer Filmkompositionsfirma an (wo er in vier Jahren für über 20 Fernsehfilme komponierte, eine Nominierung für den Max Ophüls Preis 2018 erhielt und Software-Instrumente designte und mitkonzipierte, die von Hollywoodgrößen wie Hans Zimmer verwendet werden). Im Frühjahr 2020 schließlich macht er mit der Veröffentlichung seiner Debüt-EP “Durch[_]einander” den Schritt zum Solo-Künstler. In der jüngsten Zeit hat falcke u. a. zwei Songs für den ARD-Film “Nach uns der Rest der Welt” geschrieben und gesungen und den Song “Vertigo” für die Netflix-Serie “Sleeping Dog” geschrieben und produziert.
 

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